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DSGVO
Gerichtsurteil
Mitarbeiterüberwachung

Videobeweise vor Gericht – BGH schafft Klarheit.

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Datum03. September 2024

Der Bundesgerichtshof hat mit seiner Entscheidung VI ZR 1370/20 Klarheit bezüglich der Verwendung von Videoaufnahmen in Verfahren geschaffen. Was diese Entscheidung für Unternehmen bedeutet und welche Parallelen es zur Bußgeldpraxis gibt, haben wir nachfolgend für Sie zusammengefasst.

Der Fall

In dem Verfahren stritten ein landeseigenes Wohnungsunternehmen und eine Privatperson. Die Privatperson war Mieterin in zwei Wohnungen. In Folge eines Polizeieinsatzes wegen Ruhestörung hatte das Wohnungsunternehmen festgestellt, dass die beklagte Privatperson mehrere Zimmer an Studierende untervermietet hatte und hatte sie abgemahnt. 

Das Unternehmen beauftragte eine Detektei, welche einen Monat lang vom Treppenhaus aus den Eingangsbereich der Wohnungen mit versteckten Videokameras überwachte. Sie speicherte die Aufnahmen und erstellte ein Protokoll darüber, wann welche Personen ein- und ausgegangen waren. Dabei wurde die Vermutung, dass weiterhin untervermietet wurde, bestätigt.

Daraufhin hatte das Wohnungsunternehmen die Privatperson aufgefordert, die zwei Mietwohnungen zu räumen und herauszugeben. Diese reichte ihrerseits Klage ein, da das Unternehmen die Information darüber widerrechtlich erhalten hatte.

Die Entscheidung

Nach Auffassung des Gerichts steht dem Wohnungsunternehmen kein Anspruch auf Räumung zu. Die Mietverhältnisse über die Wohnungen bestehen ungekündigt fort.

Grund dafür war, dass die als Beweis vorgelegten Informationen auf grundrechtswidrige Weise erlangt worden waren und daher nicht zugelassen wurden. Für die Videoüberwachung der Wohnung lag weder eine Einwilligung der Betroffenen noch ein Grund, sie ausnahmsweise zuzulassen, vor. So war der erfasste Bereich nicht öffentlich. Zudem stellt eine Überwachung mittels einer Videoaufzeichnung von Personen auf einer anhaltenden Speichervorrichtung eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten dar.

Das Gericht führte aus, dass es mildere Mittel gegeben hätte, um an die für eine Kündigung notwendigen Informationen zu gelangen. So hätte das Wohnungsunternehmen grundrechtsschonendere Maßnahmen wie gezielte Scheinanmietungen oder die Befragung von Nachbarn, Hausbediensteten und sonstigen Dritten anwenden können.

Einordnung

Mit der Entscheidung klärt der BGH die Lage bezüglich der Verwendung von geheim erstellten Videoaufnahmen in Verfahren. Wo in Verfahren in der Vergangenheit noch Entscheidungen über die DSGVO hinweg getroffen wurden, macht der BGH die Relevanz des Datenschutzes erneut deutlich. Die Frage, ob die auf einer unzulässigen Videoüberwachung beruhenden Erkenntnisse einer Partei bei der gerichtlichen Entscheidungsfindung verwertet werden dürfen, ist unter Berücksichtigung der Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung zu beurteilen. Schwere Datenschutzverstöße können so auch sicher geglaubte Verfahren kippen. Die Wohnung als Schutzraum, die DSGVO als Schild.

Wichtig für Unternehmen

Jede Videoüberwachung sollte gut durchdacht und entsprechend auf Zulässigkeit überprüft werden. Der BGH gibt mit seiner Entscheidung explizit den Hinweis auf mildere Mittel. Hier sollten Unternehmen ansetzen. Sollte es in einem Verfahren nämlich hart auf hart kommen, kann eine heimliche Videoaufnahme als Beweis kippen – oder sehr teuer werden, wie ein Blick in den Bußgeldbereich zeigt.

Bußgelder für unzulässige Videoüberwachung

Dass das Thema der widerrechtlichen Videoüberwachung nicht nur im Bereich der Gerichtsentscheidungen eine große Rolle spielt, bestärkt auch der Bußgeldbereich. Immer wieder werden Bußgelder wegen rechtswidrigen Kameraaufnahmen verhängt, so wie in Deutschland und Spanien.

Wie teuer unzulässige Videoüberwachung werden kann, zeigt nicht zuletzt der Fall notebooksbilliger von 2021 – damals kassierte der Online-Versandhändler ein Bußgeld über 10 Mio. EUR für die unrechtmäßige Videoüberwachung von Mitarbeitern und Kunden über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren.

Quellen